Bereits seit vielen Jahren ist der Sportschützenverein Rot stolzer Besitzer einer historischen Kanone. Es handelt sich hierbei um ein Hinterladergeschütz aus dem Jahre 1900 mit dem Kaliber 50 mm. Das erste praxistaugliche Gewehr mit dem Hinterlader-Prinzip wurde 1836 von Nikolaus Dreyse gebaut. Hinterlader sind Feuerwaffen, deren Läufe an beiden Enden offen sind und bei denen das Projektil und die Treibladung durch die hintere Öffnung in die Kammer gebracht werden. Als Mitte des 19. Jahrhunderts die Herstellung hochwertigen Stahls sehr viel billiger wurde, konnte man dieses extrem stabile Material für die Massenproduktion von Kanonen einsetzen. Zu diesen ersten Gussstahl-Kanonen gehörten die Hinterladerkanonen Alfred Krupps, die eine wahre waffentechnische „Revolution“ auslösten und zunächst vor allem von Preußen eingesetzt wurden. 1866 benutzte die preußische Armee als erste in Europa Hinterladerkanonen im „Deutschen Krieg“ gegen Österreich.

Hinterladerkanone aus dem Jahre 1900 im Kaliber 50 mm

In den vergangenen 107 Jahren hat unsere Kanone Höhen und Tiefen erlebt. Zunächst war diese im Besitz des in der allgemeinen Kriegseuphorie nach den militärischen Erfolgen Preußens gegen Dänemark (1864) und Österreich (1866), sowie dem Sieg über Frankreich ab 1871 gegründeten Kriegervereins von Rot. Ursprünglicher Zweck der Kriegervereine war es, ihren verstorbenen Mitgliedern und ehemaligen Soldaten ein ehrenvolles Grabgeleit zu geben. Im Jahre 1900, dem Baujahr unseres Geschützes wurde der Kriegerverein auch dem Kyffhäuser-Bund unterstellt. Im Jahre 1933 als die Mitglieder des Kyffhäuser Bundes aufriefen ihren Ehrenpräsidenten als einzigen Kandidaten der demokratischen Partei: Generalfeldmarschall von Hindenburg zu wählen – was bekanntlich schief ging, löste sich der Roter Kriegerverein nach der Gleichschaltung durch die Nationalsozialisten auf. Das Geschütz ging treuhänderisch bis zur Gründung einer Nachfolgeorganisation in den Besitz der Gemeinde über. Die Kanone wurde nach Ende des 2. Weltkrieges von der französischen Besatzungsmacht stark zerstört. Auch nach dieser Zeit fristete die Kanone lange Jahre ein trauriges Dasein und wurde mehr oder weniger dem Verfall überlassen. In den vielen Jahren hatte das Geschütz mehrere Standorte: Kastanienschule, altes Rathaus, Feuerwehrhaus usw. stand aber zumeist doch nur im Weg. Nach der Gründung des Sportschützenvereins Rot im Jahre 1964 erinnerten sich ein paar engagierte Mitglieder an die historische Kanone und baten die Gemeinde im Jahre 1974 um Überlassung. Zwar sieht sich der Sportschützenverein nicht als Nachfolgeorganisation des Kriegervereins gleichwohl ist das Geschütz wohl im Schützenhaus am besten aufgehoben. Eine Umfangreiche Restauration war erforderlich: die Holzräder waren unbrauchbar, am Stahl nagte der Zahn der Zeit. Ernst Bellemann aus Rot, als einer der Letzten der sein Handwerk noch verstand, baute neue Wagenräder. In der Gießerei wurde am Unterbau und dem Kanonenrohr eine über die Jahre angesammelte zentimeterdicke Lackschicht entfernt. Durch den liebevollen Wiederaufbau strahlt das Geschütz seit diesem Zeitpunkt wieder in altem Glanz. Regelmäßig muss auch heute noch die historische Kanone nach Ulm zum Beschussamt und kommt auch heute noch zu Salutschüssen auf diversen Festlichkeiten zum Einsatz. Aber erst vor wenigen Jahren überließ uns die Gemeinde die Kanone nun endgültig und ist jetzt Eigentum des Sportschützenvereins Rot.